Im Wechselbad der Gefühle.
Wodurch entsteht eine Bipolare Störung? Was unterscheidet diese von manisch-depressiven Phasen oder einer Depression? Und wie kann ich gegebenenfalls vorbeugen?
Bipolare Menschen durchleben regelmäßig ein Wechselbad der Gefühle: In dem einen Moment noch voller Euphorie, im nächsten zu Tode betrübt – so lassen sich die entgegengesetzten Stimmungslagen beschreiben. „Das Leben ist gekennzeichnet von einem Wechselspiel aus beglückenden Phasen voller Energie und Leistungsfähigkeit sowie bedrückenden Stimmungstiefs voller Niedergeschlagenheit“, beschreibt Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Privatkliniken Duisburg, Eschweiler und Merbeck, die beiden extremen Pole. Für die Betroffenen (schätzungsweise bis zu 25 Prozent der Bevölkerung) und deren Partner und Familien bedeutet dies einen tiefgreifenden Einschnitt in Alltag und Lebensqualität.
Partner-Konflikte, Jobverlust und Isolation sind nur einige der schwerwiegenden Folgen der nicht kontrollierbaren Stimmungsschwankungen. „Vielfach kommt es zu weiteren psychischen Störungen wie etwa Angsterkrankungen oder Psychosen“, weiß der Experte. „Bei ausgeprägtem Krankheitsbild sind auch Realitätsverlust und Halluzinationen möglich.“ Nicht selten bringen sich die Erkrankten zudem in ihren euphorischen Phasen durch leichtsinniges Verhalten in Gefahr.
Mentale Berg- und Talfahrt
Was der Facharzt heute als bipolare Störungen bezeichnet, das kannte man früher unter dem Begriff „manisch-depressive“ Erkrankung. Und in der Tat ist der Gegensatz von übertriebener Hochphase (der Manie) und tiefer Verstimmung (Depression) symptomatisch für diese Störung. „In der Regel überwiegen allerdings die Episoden, in denen sich Betroffene niedergeschlagen, verzweifelt und traurig fühlen“, weiß Dr. Hagemann aus seiner Klinikerfahrung. Häufig vergehen Monate oder Jahre, bevor die Stimmung wieder rapide vom Tief zum Hoch – oder umgekehrt – wechselt. „Die Erkrankten haben darauf keinerlei Einfluss“, betont der Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie. In der Phase dazwischen sind die Betroffenen relativ gesund und mehr oder weniger symptomfrei. „Hin und wieder kommt es auch zu Mischformen, bei denen die Stimmungsextreme schnell wechseln oder sich mischen“, so Dr. Hagemann.
Die Ursachen einer Bipolaren Störung sind bis heute ungeklärt. Neben genetischer Veranlagung gilt Stress als ein wesentlicher Auslöser der erschöpfenden „mentalen Berg- und Talfahrten“. Diese treten in der Regel in der Jugend oder im frühen Erwachsenen-Alter erstmals auf. Oftmals ist es ein langjähriger Prozess, bis die Ursache der Störung endlich diagnostiziert wird. „Je früher bipolare Störungen erkannt werden, desto besser sind sie zu behandeln“, berichtet Dr. Hagemann. Vielfach lässt sich so eine chronische Entwicklung verhindern.
Zum bewährten Behandlungs-Repertoire gehören Medikamente zur Stimmungs-Stabilisierung, Antidepressiva sowie, ergänzend, eine Psychotherapie.
Meditation und Muskelrelaxation helfen
„Neben typischen Symptomen wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Interessensverlust leiden Menschen mit bipolaren bzw. depressiven Störungen oft unter innerer Unruhe sowie massiven körperlichen und seelischen Anspannungen“, berichtet Dr. Hagemann. Aus diesem Grund gehören Entspannungs- und Meditationskurse zum festen Bestandteil jeder Behandlung. Denn: „Kontinuierliche Zeiten im Entspannungsmodus fördern die körperliche und geistige Regeneration“, berichtet der Experte. „Außerdem ermöglichen sie es dem Patienten, besser mit belastenden Situationen und Stress umzugehen.“
Besonders bewährt haben sich hierbei die Progressive Muskelrelaxation sowie Autogenes Training. Durch die Fokussierung auf ein Ziel fördert auch meditatives Bogenschießen innere Achtsamkeit, Ruhe und Gelassenheit. Und auch Yoga gilt als erstklassige Methode, um körperliche Spannungen auf sanfte Weise zu lösen.
So können sich Betroffene helfen
Ausreichender Schlaf, der mäßige Genuss von Alkohol, Nikotin und Kaffee sowie die Vermeidung wiederkehrender Überforderungssituationen sind weitere wirkungsvolle Faktoren im Kampf gegen bipolare Störungen. Darüber hinaus kann der Besuch einer Selbsthilfe-Gruppe förderlich sein.
Fest eingeplant werden sollten zudem Phasen der Regeneration: „Ob Wellnessbad, Spaziergang oder Autogenes Training – wichtig sind kleine regelmäßige Auszeiten zwischendurch“, betont der Facharzt. Regelrecht antidepressiv wirken können beispielsweise Spaziergänge oder auch sportliche Aktionen. Denn wer regelmäßig joggt oder in die Pedale tritt, der fördert die Produktion des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn – und somit das Gefühl für Glück und Freude.
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